Antwerpen, Brügge, Flandern, Gent, Kulinarik

Von der Bohne zur Praline

Pralinen von Dominique Persoone

Reisejournalist Ben Roelants hat sich auf den Weg gemacht um herauszufinden was an Schokolade und Pralinen aus Belgien so besonders ist. In Brügge trifft er Julius Persoone, Spross des wohl berühmtesten belgischen Chocolatiers Dominique Persoone, und lässt sich durch die familiengeführte Schokoladenfabrik führen. Weiter geht es nach Antwerpen. Hier kann man in The Chocolate Nation alles Wissenswerte über Belgische Schokolade erfahren: Von der Herkunft und Verarbeitung der Bohnen über die Erfindung der Praline in Brüssel bis zur Entdeckung der pinken Ruby-Schokolade. Die Reise endet in Gent beim Meisterpatissier und -Chocolatier Joost Arijs, der Ben in seine Philosophie der Süßspeisen-Kreation einführt. Eine kulinarische Städtereise auf die ich euch in diesem Video gerne mitnehmen möchte.

Belgische Schokolade im Netz

Hat Ben euch Lust auf Belgische Schokolade und Pralinen gemacht? Hier habe ich euch ein paar Links zum Nachlesen zusammengestellt:

The Chocolate Line von Dominique Persoone und Sohn Julius https://www.thechocolateline.be/en/

Chocolate Nation – das größte belgische Schokoladenmuseum der Welt https://www.chocolatenation.be/de

Joost Arijs, Patissier und Chocolatier mit Auszeichnung https://joostarijs.be/

Flämische Meister, Flandern, Gent, Kirsten Lehnert

Der Genter Altar – zum Anbeten schön

von: Kirsten Lehnert

Eigentlich ist es ein Wunder, dass es den Genter Altar noch gibt. In der gesamten europäischen Kunstgeschichte wurde wohl kein anderes Meisterwerk so oft auseinandergerissen und verschleppt: Seit seiner Aufstellung im Jahr 1432 war der Genter Altar Opfer von gleich dreizehn Verbrechen und sieben Diebstählen. Hier nur die Kurzfassung: Er wurde während des „Bildersturms“im Jahr 1566 beinahe zerstört, während der Französischen Revolution konfisziert und seine Paneele wurden zweimal gestohlen. Napoleon war der Erste, der Teile des Altars aus dem Land entführen ließ. Rund 100 Jahre lang schmückten sich Berliner Museen mit den Flügeln des Genter Altars bis die Gemälde nach dem Ersten Weltkrieg wieder nach Gent zurückgegeben wurden.

Während des 2. Weltkriegs waren es dann die Nazis, die den in Südfrankreich versteckten Altar und zahlreiche andere Kunstschätze aus ganz Europa für das geplante Führermuseum raubten und ins Salzbergwerk von Altaussee wegsperrten. Nur dem beherzten Eingreifen einer kleinen Gruppe stiller Helden ist es zu verdanken, dass der Kunstschatz vor dem Eintreffen der Alliierten nicht gesprengt wurde und dass die Amerikaner den Altar finden und wohlbehalten wieder zurückgeben konnten.

Diese wahre Geschichte bildet den Stoff für den Spielfilm „Monuments Men“ von und mit George Clooney. Bis auf eine Tafel, die seit bald 100 Jahren verschwunden ist, sind alle Teile längst wieder vereint. Diese Tatsache allein würde schon ausreichen, um den Genter Altar richtig zu feiern. Aber da war ja auch noch die umfangreiche Restaurierung, bei der die Experten nicht nur Patina entfernt, sondern auch bisher Verborgenes wieder sichtbar gemacht haben. Große Teile des Gemäldes waren nämlich im 17. Jahrhundert übermalt worden – eine damals übliche Art ein Gemälde zu restaurieren. So werden ab 2020, beim letzten der drei Themenjahre „Flämische Meister 2018-2020“, nicht nur Jan van Eyck und sein Meisterwerk gefeiert und gewürdigt, es gibt auch viel Neues zu sehen.

Ein umfangreiches Jubiläumsprogramm mit vielen Highlights

Ich kann gar nicht alles aufzählen, was vor allem in Gent, aber auch in Brügge, wo van Eyck lange gelebt hat, auf die Beine gestellt wird: Bedeutende Ausstellungen und Angebote, die das Werk und Leben von van Eyck in vielen Facetten anschaulich machen (eine Übersicht und aktuelle Infos  findet Ihr hier. Aber ich kann Euch schon mal einen Vorgeschmack geben.

Wie van Eyck die Malerei revolutionierte

Portrait of a Man in a Turban, Jan van Eyck, Google Cultural Institute

Mit Jan van Eyck steht nun nach dem Barockmaler Rubens und Pieter Bruegel ein weiterer herausragender Künstler im Fokus: der Erfinder oder zumindest der Perfektionierer der Ölmalerei. Mit seiner unübertroffenen Technik, seinen wissenschaftlichen Kenntnissen und seiner einzigartigen Beobachtungsgabe hat er die Ölmalerei revolutioniert. Und er hat als Begründer der altniederländischen Malerei eine neue Kunstepoche nördlich der Alpen eingeleitet. Durch seine Farbwahl und durch den neuartigen Firnis erstrahlten seine Bilder im Gegensatz zu den damals sonst üblichen matten Tempera-Bildern in ganz besonderem Glanz. Und nie zuvor hatte ein Maler die Wirklichkeit so greifbar gemacht.

Zum Anbeten schön

Im Mittelpunkt des Themenjahres steht natürlich das von Jan und seinem Bruder Hubert van Eyck geschaffene prachtvolle Altargemälde, das 4,4 mal 3,4 Meter misst und als einer der schönsten Kunstschätze der Welt gilt. Vielleicht kennt ihr das weltberühmte Motiv, die Anbetung des Lamm Gottes? Für mich persönlich ist es das schönste Lamm der Kunstgeschichte. Die singenden Engel finde ich aber ebenso zauberhaft. Aber es gibt ja noch so viel mehr zu entdecken, denn selbst wenn die Altarflügel geschlossen sind, kann man allein acht Tafeln sehen.

Eine optische Revolution

Die restaurierten Außentafeln könnt ihr ab Februar in der Ausstellung „Jan van Eyck. Eine optische Revolution“ im Museum für Schöne Künste in Gent aus nächster Nähe bestaunen. Die Tafeln werden hier im Kontext mit weiteren Werken von van Eyck präsentiert – eine einzigartige Gelegenheit, denn weltweit gibt es nur rund 20 Bilder des Künstlers und über die Hälfte davon kommt nach Gent. Ich bin sicher: So viel van Eyck gibt’s so schnell nicht wieder.

Nach der Ausstellung werden die Tafeln wieder mit dem Rest des Altars in der St.-Bavo-Kathedrale vereint. Dort ist er noch bis Anfang Oktober in der Villa-Kapelle zu sehen. Danach zieht er innerhalb des Gotteshauses in das neue Besucherzentrum um, wo er in einem völlig neuen Rahmen präsentiert wird. Hier könnt ihr dann in die Geschichte und die vielen spannenden Geschichten des Meisterwerks eintauchen Es gibt also das ganze Jahr über die Gelegenheit zum Anbeten oder einfach nur Anschauen des neuen alten Altars.  

Brügge, Flandern, Kulinarik

Von Haute Cuisine bis Hausmannskost: Gregory Slembrouck

Er liebt den Duft von frisch gebackenem Brot und den Geschmack von Kreuzkümmel und hat bereits mit großen Köchen in der Küche gestanden: Gregory Slembrouck, Küchenchef im „Le Mystique“ in Brügge und einer der Flandern Kitchen Rebels. Zugegeben, er sieht alles andere als rebellisch aus. Aber er mischt, wie die anderen Mitglieder dieses Netzwerks junger Küchenchefs, derzeit die Gastroszene in Flandern auf. Ich wollte wissen, was Gregorys Küche so besonders macht, und habe dem 32-Jährigen in die Töpfe und auf die Teller geschaut.

Wer durch die Gassen der Brügger Innenstadt läuft, findet in einer ruhigen Seitenstraße, in der Niklaas Desparsstraat, das edle 4-Sterne-Hotel „Heritage“ mit dem „Le Mystique“ im Erdgeschoss. Der herrschaftliche Wohnsitz aus dem 19. Jahrhundert liegt nur einen Häuserblock nördlich vom trubeligen Marktplatz. So nobel wie das Hotel ist auch das Restaurant.  In diesem ebenso stilvollen Ambiente bewirtet Gregory seine Gäste. Und die kommen nicht nur aus dem Hotel, sondern auch von weiter weg. Schließlich hat sich der junge Küchenchef längt einen Namen in der Gastroszene über die Stadtgrenzen von Brügge hinaus gemacht. Wer in seinem Lokal einen Tisch bekommen möchte, sollte also unbedingt reservieren. Seit einigen Jahren ist das „Le Mystique“ auch vom Guide Michelin mit zwei Gabeln ausgezeichnet: „Qualitätsprodukte fachkundig zubereitet: einfach ein gutes Essen!“. Und der Michelin-Tester war – ebenso wie ich – schon von dem Flair des Restaurants begeistert: „Ein Abendessen im Le Mystique beginnt immer mit einem bewundernden Blick auf die ausgesprochen opulente und elegante geschichtsträchtige Dekoration“.

Unter den prachtvoll gestalteten Stuckdecken und funkelnden Kronleuchtern, zwischen den rot-grünen Wänden sitzt man hier auf samtroten Stühlen an mit bodenlangen Tischtüchern festlich gedeckten Tischen. Historisch, klassisch, gediegen, aber so farbenfroh, dass es zugleich auch modern wirkt. Das gilt auch für die Kreationen von Gregory Slembrouck, der mit einer eindrucksvollen Leichtigkeit und Bescheidenheit am Werk ist. Aber solch edles Ambiente ist dem Kitchen Rebel nicht neu, hat er doch zuvor im Sterne-Restaurant „Ter Leepe“ in Zedelgem gelernt, wie man Produkte und Geschmacksrichtungen spannend kombiniert. Und wie man Gerichte so kunstvoll anrichtet.

 „Ich kombiniere gerne erlesene regionale Zutaten und das Beste aus der belgischen Küche mit Aromen aus der ganzen Welt“, verrät er mir. Er zaubert die ungewöhnlichsten Gerichte, mal orientalisch oder asiatisch mit belgischem Touch, mal Hausmannkost mit edlem Wein. Und so serviert er etwa gebratene Langustine mit Pastinake und weißer Schokolade oder Huhn mit Schwarzwurzel und Trüffelsoße. Da ihm Frische und Qualitätsprodukte ganz wichtig sind, variieren seine Menus (die aus sieben Gängen bestehen) und seine A-la-carte-Gerichte je nach Jahreszeit. Gemüse, Fisch und Fleisch kauft er jeden Tag selbst ein. Und die Steinpilze sammelt er eigenhändig im Wald.  

Kaum zu glauben, dass der Grundstein für seine Karriere bereits vor rund zwanzig Jahren gelegt wurde: Als Dreizehnjähriger sollte er nach der Schule nicht allein zu Hause bleiben und ging daher jeden Mittag in das Restaurant seines Cousins. Schon nach kurzer Zeit stand sein Berufswunsch fest. Sein erstes selbstgekochtes Gericht, so verrät er, waren Spaghetti. Die kocht Gregory Slembrouck übrigens auch heute noch nach dem gleichen traditionellen Rezept und immer noch mit großer Begeisterung – die auch seine Gäste teilen. Ein Kitchen Rebell kann auch ganz schön bodenständig sein.

Mein Tipp: Wer es nicht ins „Mystique“ schafft, hat jedes Jahr im September die Gelegenheit, zumindest eine Kostprobe zu genießen. Beim Food-Festival Kookeet zeigen Küchenchefs aus Brügge, was sie auf der Pfanne oder im Topf haben. Auch Gregory Slembrouck beteiligt sich an der Aktion.

Flandern, Kultur, Leuven, Meike Nordmeyer

Wenn Stadtgeschichte lebendig wird – Besuch in der Peterskirche in Leuven

von Meike Nordmeyer

Ruhig thront sie am Groten Markt, die Sankt Peterskirche (Sint Pieterskerk) in Leuven. Dass das Gebäude auf der anderen Seite des Platzes ihr bei den Besuchern der Stadt immer erstmal die Show stiehlt, kann ihr nichts anhaben. Denn sie weiß, auch sie wird noch bemerkt werden und sie kann die Besucher in ihr Inneres locken, denn sie hat dort viel zu bieten. Der Blick der Touristen fällt freilich erstmal auf das Stadthuis, das Gotische Rathaus, dieses Schatzkästchen, dessen Fassade über und über mit gotischem Maßwerk, mit Figuren samt Baldachinen, schlanken Türmchen und Dachgauben verziert ist. Es ist eine Pracht, die jeden staunen lässt. Auch mir ging es natürlich so. Was stand ich fasziniert davor!

Das reich verzierte gotische Stadthuis, das Rathaus von Leuven, zieht am Groten Markt erstmal alle Blicke auf sich. Foto: © Meike Nordmeyer

Der Blick für das Detail

Erst nach einer Weile fiel mein Blick auf die schönen schmalen Giebelhäuser, die sich neben dem Durchgang zur Naamsestraat an dem Platz aufreihen. Dann habe ich mich umgedreht und die Sankt Peterskirche in den Blick genommen. Das im 15. Jahrhundert errichtete Gebäude bildet freilich das größte an dem Platz und zählt zur Brabanter Spätgotik. Ihr Äußeres wirkt schlicht und erhaben durch die maßvollen Proportionen der Architektur. An der Außenseite sorgen die sieben Kranzkapellen des Chors für eine rhythmische Gliederung.

Der schlanke spitze Turm auf dem Dach, die sogenannte Laterne auf der Vierung, fällt sogleich ins Auge. Dieser wurde später ergänzt, er stammt aus dem Jahr 1726. Die ursprünglichen Pläne für die Kirche sahen vor, dass sie einen mächtigen dreiteiligen Turm, also einen mit drei Spitzen erhalten sollte. Für die mittlere Spitze war dabei eine Höhe von 170 Metern gedacht. Doch während der Bauarbeiten stellte sich heraus, dass der Untergrund dafür zu instabil war. Auf einer Höhe von etwa 50 Metern wurde der Bau eingestellt. Nach mehreren Einstürzen des bis dahin gebauten Turms wurde dieser 1613 bis auf die Turmbasis abgerissen. So erinnert die deutlich erkennbar unvollendete Vorderseite der Kirche heute noch an die ehrgeizigen Pläne, mit denen man ganz offenbar zu hoch hinaus wollte.

Der hohe, lichtdurchflutete Innenraum der Sankt Peterskirche in Leuven. Foto: © Meike Nordmeyer

Eintreten und staunen

Im Inneren besticht die Kirche durch einen hellen hohen Raum, der trotz der mächtigen Wände elegante Leichtigkeit ausstrahlt. Dann fällt auch gleich die markante Kanzel in dunklem Holz mit reichen Schnitzereien auf. Viele Schätze birgt die Kirche. Im Chorumgang ist ein Museum untergebracht, in dem sie bislang zu sehen waren, darunter Monstranzen und Kelche aus Edelmetallen und zudem 14 Gemälde flämischer Meister. Das Museum ist jedoch derzeit geschlossen wegen Renovierungsarbeiten. Denn in der Kirche hat man viel vor, um die Schätze bald noch viel besser zu präsentierten.

Das Altarbild „Das letzte Abendmahl“ von Dieric Bouts ist in der Peterskirche in Leuven zu sehen und damit in dem Gebäude, für das es im 15. Jahrhundert geschaffen wurde. Foto: © Rudi Van Beek / M – Museum Leuven PLAATS : Leuven

Altarbild von Dieric Bouts, für die Peterskirche einst geschaffen

Zwei herausragende Gemälde aus dem Bestand der Kirche stammen von dem Maler Dieric Bouts. Neben dem „Martyrium des heiligen Erasmus“ findet vor allem sein großes Altarbild „Das letzte Abendmahl“ besondere Beachtung. Es ist zwar nicht so weltberühmt wie der von Jan Van Eyck geschaffene Genter Altar, wird aber unter Kunstkennern ebenfalls hoch geschätzt. Das Reizvolle daran ist auch: In der Peterskirche lässt sich das Gemälde von Bouts an dem Ort betrachten, für den es im 15. Jahrhundert geschaffen wurde. Es ist derzeit nicht wie eigentlich üblich im Chorumgang platziert, sondern in einer vorderen Seitenkappelle, so dass es auch während der Renovierungsarbeiten der Kirche besichtigt werden kann.

Im Zentrum des Altarbilds von Bouts, also auf der großformatigen Mitteltafel, ist die Darstellung des letzten Abendmahls von Jesus mit seinen Jüngern zu sehen. Diese zeigt der Maler in einem üblichen Wohnraum seiner Zeit. Auch die anderen Szenen spielen in einem solchen Raum oder in ganz natürlicher Umgebung außerhalb, etwa auf einem Weg durch die hügelige Landschaft, und im Hintergrund ist städtische Bebauung zu sehen. Der Künstler bettet damit die Geschichten des Alten und Neuen Testamentes in eine realistische Szenerie ein und lässt sie damit und ebenso mit der plastischen Darstellung der Figuren vor dem Auge des Betrachters lebendig werden. Vor allem damit erweisen sich die Werke als modern und wegweisend für die damalige Zeit.

Eine Kapelle der Bierbrauer

Ich laufe weiter durch die Kirche, um den Raum und viele Details noch genauer zu erkunden, und Moment mal, das ist doch Hopfen, der da in Stein gemeißelt ist. Richtig, in der Stadt geht es eben auch ganz irdisch und süffig zu und deshalb gibt es hier auch eine Kapelle der Bierbrauer. Auch daran wird deutlich, dass die Braukunst in Leuven immer schon eine wichtige Rolle gespielt hat. (Siehe dazu diesen Artikel von mir über Leuven). Den Bierbrauern ging es offensichtlich wirtschaftlich sehr gut, denn die Kapelle ist mit Marmor verziert und nicht mit Holz, wie es sich an der ebenfalls vorhandenen Kapelle der Landwirte zeigt. Darauf macht mich Klara Rowaert vom M – Museum Leuven aufmerksam.

Eine neue Dimension der Ausstellung

Klara Rowaert berichtet mir von dem Vorhaben, das man mit der Renovierung in der Peterskirche umsetzen wird. Bei der Neueröffnung im Frühjahr wird das Museum Leuven, das für die Kunstschätze zuständig ist, eine ganz neue Ausstellungsgestaltung und eine innovative Begleitung mittels Mixed Reality (Virtual und Augmented Reality) präsentieren. Die Besucher können dann VR-Brillen bei ihrem Rundgang durch das Gebäude nutzen. Durch diese betrachten sie die Wirklichkeit mit einer zusätzlich hinzugefügten digitalen Ebene. Gezeigt werden ihnen nicht nur die Kirche, sondern auch andere bedeutende Punkte in der Stadt in alter Zeit. So können die realen in der Kirche ausgestellten Werke in der historischen Zeit, in der sie geschaffen wurden, erlebt werden. Damit wird die Stadtgeschichte vor dem Auge des Betrachters lebendig.

Und der Vorteil der Technologie ist: Sie lässt sich umsetzen, ohne baulich in die Architektur der Kirche eingreifen zu müssen. „An 12 verschiedenen Stationen wird etwas gestaltet“, erklärt Projektkoordinatorin Rowaert und sie verspricht „ein Besuchererlebnis, das alle Sinne anspricht“. Auch das Modell des dreiteiligen Turms wird an einer der Stationen zu sehen sein. Es zeigt, wie gigantisch hoch dieser einst geplant war. Es ist klar, auf die neue Ausstellung darf man gespannt sein! Sie wird noch ein Grund mehr, nach Leuven zu reisen.

Im historischen Gemäuer übernachten: Ein altes Kloster wurde zu Martin’s Kloosterhotel umgestaltet. Foto: © Meike Nordmeyer

Nach meinen ausgedehnten Besichtigungen in Leuven finde ich es nun sehr angenehm, dass ich es nicht weit habe zu meiner Unterkunft und sich diese passenderweise auch in historischem Gemäuer befindet. Ich laufe über den Groten Markt, dann weiter über den Oude Markt und darüber noch ein Stück hinaus und komme schon bald am Martin’s Kloosterhotel an. Der Gebäudekomplex eines einstigen Klosters wurde behutsam zu einem Hotel umgebaut. Viel von der alten Gebäudestruktur ist dort noch erhalten. Von meinem großzügigen Zimmer unterm Dach habe ich einen schönen Blick in eine alte Gasse von Leuven. Und für einen Spaziergang am Abend zum belebten Oude Markt habe ich es auch nicht weit. Das ist gut, denn dort kann ich in einer der zahlreichen Kneipen am Platz noch die Ergebnisse der traditionsreichen Braukunst dieser Stadt erkunden und ein wichtiges Sinneserlebnis ergänzen.

Infos zur Kirche, zu den Gemälden von Dieric Bouts und den Renovierungsarbeiten findet ihr hier.

Mehr über Leuven lesen:
Leuven als Universitätsstadt und Bierstadt

Flandern, Kirsten Lehnert, Kulinarik

Sauerbier: Der Champagner unter den Bieren

Etwas wie Sauerbier anbieten – bei diesem Sprichwort denke ich ab sofort nicht mehr an Ladenhüter, sondern an eine ausgesprochen leckere regionale Spezialität aus Belgien. Bis zu meinem Besuch beim Brussels Beer Project im letzten Jahr hatte ich mit Bier nicht viel am Hut. Nun bin ich sogar zum ausgesprochenen Sauerbier-Fan geworden. Nach dem Genuss eines klassischen Kirschbiers bin ich auf den besonderen Geschmack gekommen. Das Kirschbier ist nur eine Variante des Sauerbiers, einer wichtigen Säule der weltberühmten belgischen Biervielfalt und Braukultur. Das belgische Bier zählt ja bekanntlich seit 2016 zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe der Menschheit. Aber was ist Sauerbier genau? Was macht es so besonders?  Um das herauszufinden, habe ich mich auf Spurensuche begeben.

Brasserie Cantillon – Cantillon Brouwerij, Musée Bruxellois de la Gueuze © visit.brussels, Jean-Paul Remy

Wie die Hefe ins Bier kommt

Zuerst habe ich mich in einer kleinen Familien-Brauerei in Brüssel schlau gemacht. Die Brasserie Cantillon in einer kleinen Straße im Stadtteil Anderlecht hat sich auf Sauerbier spezialisiert. Zugleich ist sie die einzige noch aktive Brauerei in Brüssel, die für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Hier kann man den Braumeistern bei der Arbeit über die Schulter schauen. Mit viel Leidenschaft und alles andere als bierernst erläutern diese auf Führungen die einzelnen Schritte des Brauprozesses. So lerne ich, dass Sauerbier seinen mehr oder weniger säuerlichen Ton durch die Infektion mit Milchsäure- oder anderen Bakterien oder bestimmten Hefen erhält. Und dass das, was anderen Brauern den Angstschweiß auf die Stirn treiben würde, bei der Spontangärung zum Konzept gehört: Bei dieser typisch belgischen Braumethode tauchen Mikroorganismen nämlich quasi unkontrolliert im Brauprozess auf. Hefe wird nicht durch menschliches Zutun zugesetzt, sondern durch eine offene Lagerung des Sudes aus der kühlen Umgebungsluft „eingefangen“. So kommt die Gärung spontan in Gang – daher der Name. Danach gärt Lambic über Wochen in offenen Bottichen, ehe eine oft Jahre dauernde Lagerzeit beginnt. Jetzt verstehe ich auch, warum Lambic zu den anspruchsvollsten und komplexesten Bierstilen der Welt zählt.

Artenkunde

Wenn dem Gärbottich noch Früchte wie Himbeeren, Pfirsiche oder Kirschen zugefügt werden, spricht man von Fruchtlambic. Die bereits erwähnte Kirschvariante gilt als die populärste dieser Sorte und hat mit „Kriek“ sogar einen eigenen Namen. Eine weitere Unterart des Lambic ist das Faro, ein junges Lambic, das mit Kandiszucker versetzt wird. Gueuze schließlich wird durch Vermischen von jungem, noch nicht komplett vergorenem und zwei bis drei Jahre altem Lambic hergestellt und erhält durch dieses Verfahren seine typische sauer-frische Note und den hohen Kohlensäuregehalt. Aufgrund dieser Qualitäten wird Geuze auch als Champagner unter den Bieren bezeichnet. Seit 1900 werden bei Cantillon Faro, Geuze und Kriek nach althergebrachter Methode gebraut. Dass sich der Brauerei mit ihrem “Geuze Museum“ lohnt, meine übrigens nicht nur ich; der Guide Michelin hat diese Sehenswürdigkeit sogar mit einem Stern ausgezeichnet.

Regional geschützt

Die am besten geeignete Mikroflora um Lambic zu brauen, findet man in der Luft im Südwesten von Brüssel. So sind Brüssel sowie das gleich hinter Brüssel beginnende Pajottenland und das Sennetal Zentrum des Sauerbiers. Der Name Lambic ist außerdem regional geschützt: Nur Bier, das in der Gegend um Brüssel gebraut wird, darf so genannt werden.

Oude Kriek, Lindemans

Tour the Geuze

In Beersel am Südrand von Brüssel setze ich meine Erkundungstour fort. Hier bietet das Besucherzentrum “De Lambiek” nicht nur Infos über die einzigartige Gärmethode. Man kann auch alte Sorten wie Oude Geuze, Oude Kriek und andere Regionalbiere direkt probieren. Im Anschluss mache ich mich auf den 16 Kilometer langen Lambic-Rundweg zu 14 verschiedenen Brauereien und „Stekerijen“ (Verschneider). 

 Da diese eigentlich nur alle zwei Jahre bei der „Tour the Geuze“ ihre Pforten für Besucher öffnen (das nächste Mal am 1. und 2. Mai 2021), freue ich mich sehr, dass die Brauer mir zumindest virtuell Einblick in die Orte und Braugeschichte der Region verschaffen. Ich lese die außen an den Brauereien angebrachten QR-Codes mit meinem Smartphone ein und bin „drin“.  

Brasserie Cantillon Brouwerij

Nach meiner persönlichen Beer-Experience ist mir klar: Belgische Bierkultur kann durchaus mit der Weinkultur mithalten. Das traditionell in Eichenfässern gereiftes Bier mit den unterschiedlichsten Farbnuancen, Geschmacksnoten und Gerüchen spricht eben nicht den sprichwörtlichen Bierzeltbesucher, sondern vor allem den Genießer an. Und ich frage mich, welches Sauerbier ich beim nächsten Mal kosten soll: Lieber grünes Walnuss-Lambic, das „degorgierte Méthode champanoise Lambic“ oder das im Holzfass gereifte Tripel mit Milchsäuregärung?

Brügge, Flandern, Janett Schindler, Kultur

Mit dem Fahrrad durch das historische Brügge

von Janett Schindler

Brügge. Die Hauptstadt von Westflandern und einst Zentrum der Macht. Als Hafen- und Handelsstadt machte sich “Brugge” im Mittelalter einen Namen und erarbeitete innerhalb kurzer Zeit einen großen Reichtum. Auch heute noch ist dieser in der Stadt zu sehen. Vor allem Kirchen waren in der damaligen Zeit ein wichtiges Zeichen für Wohlstand – wohl auch ein Grund, warum in Brügge rund 30 Kirchen erbaut wurden. Auch der Belfried und das Rathaus sowie eine Vielzahl von Häusern aus dem späten Mittelalter zeugen von der erfolgreichen Geschichte der Stadt.

Nicht alle Sehenswürdigkeiten und Kirchen befinden sich direkt im Stadtkern von Brügge

Eine praktische Möglichkeit, um in kurzer Zeit eine Vielzahl von Sehenswürdigkeiten von Brügge zu entdecken, ist eine Tour mit dem Fahrrad.

Meine Tour startete in einer ruhigen Seitenstraße bei Quasimundo Bike Tours – einem der bekanntesten Radtour Unternehmen in Brügge. Der Guide Jos Teughels lebt selbst in Brügge und entführt uns in gut 2 ½ Stunden in ein ganz besonderes Brügge abseits der Touristenströme. Die Tour ist in leicht verständlichem Englisch und auch mit dem gefürchteten Kopfsteinpflaster habe ich an diesem Tag und dem guten Fahrrad keine Probleme.

© Janett Schindler

Auch meine Angst, die Gruppe aus den Augen zu verlieren, bewahrheitet sich nicht. Mit regelmäßigen Stopps hält Jos uns immer beisammen und gibt uns einen spannenden Einblick in die Architektur und die “kleinen Kniffe und Tricks” der damaligen Architekten. So haben einige Häuser in Brügge zwar eine prunkvolle Frontansicht, dahinter ist jedoch manchmal ein einfaches Spitzdach oder Fensterfronten die zu keinem Raum führen.

Mit der St. Walburga Kirche entdecken wir das erste Gotteshaus.

© Janett Schindler

Die römisch-katholische Kirche aus dem 17. Jahrhundert wurde von den Jesuiten im Barockstil erbaut. Auch heute noch wird sie aktiv genutzt und lohnt sich vor allem für Kunstliebhaber.

Etwas später zeigt uns Jos das Godshuis St. Josef. Was für ein besonderer und vor allem wenig überlaufener Ort mitten im Zentrum von Brügge. Auch hier gibt es eine kleine Kapelle – mich jedoch hat der Garten im Inneren der Wohnanlage verzaubert, und auch die Geschichte darüber, wie diese tollen Wohnungen geschützt werden, ist ziemlich spannend.

Kurz vor dem Rathaus von Brügge müssen wir absteigen.

Zu viele Menschen sind am Rathaus unterwegs – Jos will uns jedoch die besonderen Sehenswürdigkeiten im Stadtzentrum nicht vorenthalten. “Zwischen 10 und 17 Uhr kann es hier im Zentrum mal etwas voller werden” erklärt er uns. Wir finden jedoch einen Platz und erfahren einiges über das “STADTHUIS” von Brügge. Gebaut wurde es von 1376-1420. Aber auch in den letzten 600 Jahren gab es hier einige turbulente Zeiten.

© Janett Schindler

Unsere Tour mit dem Fahrrad geht weiter. Kurz machen wir Halt in einem kleinen Garten unweit des Gruuthusemuseums. Hier haben wir einen tollen Blick auf das große Herrenhaus und die Liebfrauenkirche. Dort übrigens steht eine Madonnenfigur von Michelangelo. Wohl auch deshalb ist das Kirchenhaus sehr beliebt für Touristen in Brügge.

© Janett Schindler

Übrigens: Unweit des Gruuthusemuseums gibt es eine steinerne Brücke. Vielen Touristen wird diese Brücke als die älteste der Stadt verkauft – dementsprechend hoch ist der Andrang. Wir jedoch erfahren, dass früher zahlreiche Brücken der Stadt aus Holz gebaut wurden – besonders alt kann die Brücke also nicht sein.

Auch auf dem Weg zu unserem nächsten Stop müssen wir immer mal wieder absteigen.

 Der Beginenhof ist eine der wichtigsten Attraktionen der Stadt.

Während vor den Toren des Hofes zahlreiche Touristen mit Kutschen abgeholt werden oder mit ihren Selfie Sticks das beste Foto erhaschen wollen, bittet uns Jos um einen Besuch im Beginenhof. Nur 10 Meter hinter den Toren wird es plötzlich still. Bäume rascheln, eine Nonne hastet über den Platz und ich würde hier gerne länger verweilen.

Vor dem Beginenhof in Brügge, © Janett Schindler

Fotos sind im Innenbereich des Begijnhof nicht erwünscht. Im Zeitalter von schnellen Fotos wirkt der Verzicht wie eine kleine Auszeit von der Wirklichkeit.

Wir verlassen die trubelige Innenstadt und fahren am Kanal weiter. Hier ist kaum jemand unterwegs und so können wir auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel ein wenig Zeit aufholen.

© Janett Schindler

Flandern – oder doch Holland, oder gar England?

Jos zeigt uns drei Windmühlen die ebenfalls schon ewig Teil des Stadtbildes von Brügge sind. Schon seit dem 13ten Jahrhundert wird hier Mehl gemahlen und eine dieser Windmühlen kann auch heute noch besichtigt werden. Ich jedoch höre auf, als unser Guide von “Little England” erzählt. In dem Stadtteil unweit der Windmühlen sieht es mancherorts tatsächlich wie im Land der Queen aus. Unsere Tour ist fast vorbei – ich habe unglaublich viele Ideen für meine nächste Touren in Brügge gesammelt. Vielleicht begleitet ihr mich dann ja wieder – auf einer Zeitreise?

Mehr Infos zur Stadttour mit dem Fahrrad findet ihr hier.

Antwerpen, Flämische Meister, Flandern, Kirsten Lehnert, Kultur

Madonna trifft Tolle Grete – Zu Besuch bei zwei ungewöhnlichen Frauen

Bei meinem letzten Besuch in Antwerpen hatte ich eine besondere Begegnung mit zwei wundervollen Frauen. Die eine war länger weg, hat sich etwas aufhübschen lassen und strahlt jetzt richtig. Die andere war vorher noch nie hier, ist zwar mehr als 500 Jahre alt, aber so was von zeitlos! Die Rede ist von Grete und Madonna. Ich traf sie inmitten von dunkel vertäfelten Räumen mit wunderschönen Ledertapeten.

Eindrucksvoll präsentiert: die Sammlung im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen

Es handelt sich um zwei herausragende Kunstwerke, die gerade in der Ausstellung  „Madonna trifft Tolle Grete“ im Museum Mayer van den Bergh in Antwerpen gezeigt werden: die legendäre „Dulle Griet“ (tolle Grete), eines der berühmtesten Werke von Pieter Bruegel d.Ä. (1525-69), und die geheimnisumwitterte Madonna vom französischen Hofmaler Jean Fouquet (1420–71). Unterschiedlicher können zwei Bilder und Frauen wohl nicht sein.

Die Eine: ländlich, lustig, etwa skurril, in einer Umgebung voller kurioser Gestalten. Das Gemälde – wie so oft bei Bruegel ein wahres Wimmelbild – war früher als eher düstere, groteske Landschaft mit einem dunkelroten Himmel und vielen Brauntönen bekannt. Nach zweijähriger Restaurierung kann man das Meisterwerk seit Anfang des Jahres wieder an seinem angestammten Patz hier im Museum bestaunen. Wer es früher schon mal gesehen hat, wird sich wundern: Es sieht es jetzt viel frischer aus, Firnisschichten und spätere Übermalungen wurden entfernt, und nun strahlt das Bild wieder in seiner ursprünglichen Farbenpracht. Absolut sehenswert!

Eines der Highlights der Sammlung: die „Dulle Griet“ von Pieter Bruegel (c) Museum Mayer van den Bergh Antwerpen

Ihrer Zeit voraus

Die Andere ist hier nur bis zum 31. Dezember 2020 zu Gast: die berühmte „Madonna von Melun“, eine Tafel aus einem Diptychon aus dem 15. Jahrhundert. Der Maler Jean Fouquet gilt als einer der bedeutendsten Künstler an der Schwelle von der Spätgotik zur Frührenaissance und hat ein faszinierendes Bild geschaffen: Mit ihrer elfenbeinfarbenen, fast marmornen Haut wirkt die Madonna wie eine Skulptur. Die gespitzten roten Lippen, die kugelige, entblößte Brust und der Hintergrund aus blauen und roten Engeln erscheinen dabei unglaublich modern. Dass diese Madonna mehr als 500 Jahre alt ist (und damit noch älter als die dolle Grete), sieht man ihr wahrlich nicht an. Zeitlos modern oder einfach seiner Zeit voraus?  Durs Grünbein sprach in der „ZEIT“ in Zusammenhang mit dem Bild einmal von einem „Meisterwerk des gotischen Surrealismus“ – wie passend!

Jean Fouquet, Madonna von Melun (c) KMSKA, Lukas-Art in Flanders vzw, Foto Hugo Maertens

Der Entdecker der Tollen Grete

So unterschiedlich die beiden Damen sind, so verbindet sie doch etwas Besonderes: Beide sind Prachtstücke aus privaten Sammlungen, die in dieser Ausstellung gemeinsam präsentiert werden. Fritz Mayer van den Bergh (1858–1901) war Ende des 19. Jahrhunderts der größte Kunstsammler der Stadt und seiner Zeit weit voraus. Er sammelte bereits mittelalterliche Kunst der Niederlande und die Kunst der Renaissance, als diese noch ein Schattendasein fristeten. Besonderes Interesse hatte er an Pieter Bruegel d. Ä. Er gilt als Entdecker der „Tollen Grete“ und konnte auch das Werk „Zwölf Flämische Sprichwörter“ von Pieter Bruegel erwerben.

Jozef Janssens, Portrait von Fritz Mayer van den Bergh, 1901, Museum Mayer van den Bergh

Drei Jahre nach seinem frühen Tod mit nur 43 Jahren verwirklichte seine Mutter seinen Traum vom eigenen Museum. Heute ist das Museum Mayer van den Bergh eines der ältesten Museen der Welt, die speziell für eine einzige Sammlung errichtet wurden. Von außen ist das würdevolle, neogotische Gebäude eher unscheinbar, so dass es mir bei meinen letzten Besuchen nie aufgefallen ist. Zu Unrecht, denn das Museum entpuppt sich im Inneren als wahre Schatztruhe, ein Kunstwerk an sich mit den prächtigen Holzvertäfelungen und den bunten Bleiglasfenstern. Man braucht schon ein paar Stunden, wenn man sich alle oft so liebevoll ausgestatten Räume in Ruhe anschauen will.

Fritz und Florent

Ein weiterer ebenso leidenschaftlicher Sammler war Florent van Ertborn (1784–1840). Seine Sammlung, zu der auch die Madonna von Fouquet zählt, ist heute im Besitz des Museums der Schönen Künste Antwerpen, das gerade wegen Renovierungsarbeiten geschlossen ist. Umso schöner, dass hier nun erstmals seit Jahren wieder einige Meisterwerke aus seiner Sammlung gezeigt werden. In der Ausstellung begegnet man also auch nicht nur den beiden eindrucksvollen Frauen, sondern auch diversen anderen Sammlerstücken. Und vor allem lernt man die beiden Männer kennen, denen wir es zu verdanken haben, dass wir Grete und Madonna auch heute noch bewundern können.

Flandern, Kultur, Leuven, Meike Nordmeyer

Wissensdurst in der Bierstadt – die Universität in Leuven

von Meike Nordmeyer

Ein Palast für die wissenschaftlichen Bücher – die Bibliothek der Universität in Leuven (oder auch Löwen) macht wirklich was her. Das prächtige Gebäude im flämischen Renaissance-Stil mit Giebeln, Gauben und Statuen erhält durch den 87 Meter hohen Glockenturm zusätzliche Bedeutung. Es thront wirkungsvoll am östlichen Rand des Monseigneur Ladeuzeplein, einem weiten, leeren Platz. Ich staune, während mir Luc Philippe, mein Guide für meine Fahrradtour durch Leuven, an diesem Platz von der langen und wechselvollen Geschichte der Universität in dieser Stadt und insbesondere von diesem Bibliotheksgebäude erzählt.

Die Geschichte der Universität in der flämischen Stadt reicht weit zurück. Im Jahr 1425 wurde die Universität auf Bitten des Herzogs Johann IV. vom Papst Martin V. gegründet. Diese Tradition besteht in der heutigen Katholischen Universität Leuven fort, das macht sie zur ältesten der noch bestehenden katholischen Universitäten der Welt, so verkündet es stolz eine Broschüre des Stadtmarketings. Heute nennt sie sich Associatie KU Leuven, denn sie besteht als ein Zusammenschluss von fünf Hochschulen und einer Universität. Insgesamt sind rund 103.000 Studierende eingeschrieben.

Beeindruckende Architektur

Trotz dieser langen Geschichte stammt das Gebäude der Bibliothek nicht aus der Gründungszeit, wie man bei seinem Anblick meinen könnte. Es wurde ab 1921 nach Plänen des amerikanischen Architekten Whitney Warren im historisierenden Stil nach Art der flämischen Renaissance gebaut und dabei auch als Kriegsmahnmal ausgestattet. Der Hintergrund dafür: Die deutschen Truppen, die im August 1914 in Leuven einfielen, setzten die damalige Universitätshalle an der Naamsestraat und die jahrhundertealte Bibliothek sowie weite Teile der Stadt in Brand. Mehr als 300.000 Bücher gingen damals verloren. Die Empörung über diese Zerstörung war groß, nicht nur in Belgien.

Noch während des Krieges sammelten Unterstützungskomitees in den verbündeten und neutralen Ländern Geld und Bücher für den Wiederaufbau der Universitätsbibliothek. Nach dem Ersten Weltkrieg wurde vor allem mit amerikanischer Unterstützung das große Gebäude am Ladeuzeplein als neue Bibliothek errichtet.

Zur Universitätsbibliothek von Leuven gehört dieser fein ausgestaltete Lesesaal. © Meike Nordmeyer

Seine Fassade wurde mit zahlreichen Bildhauerarbeiten ausgestattet und diese erinnern an die Kriegszeiten, an den Brand 1914 und ebenso an die Solidarität der Verbündeten in dieser Zeit und an ihre Hilfe beim Wiederaufbau. Ein triumphierender Charakter wurde dabei durchaus mit angelegt, wenn etwa die große mit Helm und Rüstung ausgestattete Madonnafigur den preußischen Adler mit ihrem Schwert durchbohrt. 1921 war die Grundsteinlegung, 1928 wurde die Bibliothek neu eröffnet. Doch wenige Jahre später wütete wieder ein Krieg. Während des Einfalls der deutschen Armee im Mai 1940 ging das Gebäude erneut größtenteils in Flammen auf. Die Schäden waren diesmal noch verheerender, 900.000 Bücher wurden ein Opfer des Feuers. Nach dem Wiederaufbau konnte die Bibliothek erst 1951 wieder bezogen werden.

Heute steht das Bauwerk stolz und prächtig da und mahnt an die grauenhafte Zerstörung von zwei Weltkriegen. Der Gebäudekomplex kann besichtigt werden und das lohnt sich, denn dazu gehört ein Einblick in den schmucken Großen Lesesaal, und mit einem zusätzlichen Ticket ist auch der Aufstieg auf den Turm möglich, von dem sich ein hervorragender Blick über die Stadt bietet.

Vom Turm der Universitätsbibliothek bietet sich ein hervorragender Blick über die Dächer von Leuven.
© Meike Nordmeyer

Eine Bibliothek mit Aussicht

Einen Aufzug gibt es im Turm übrigens nicht, da müssen die vielen Stufen hinauf schon tapfer erklommen werden. In den kleinen Räumen auf jeder Etage im Turm ist etappenweise eine Ausstellung zu den Kriegszeiten, zu Zerstörung und Wiederaufbau des Gebäudes eingerichtet, viele historische Fotos und Dokumente sind dazu abgebildet. Diese interessanten Infotafeln bieten eine gute Gelegenheit, sich auf jeder Etage vom Treppensteigen etwas auszuruhen und zu lesen. Und so kommt man gut informiert immer weiter nach oben. Dort gibt es dann den weiten Blick über die Dächer der Stadt zu genießen. Gut zu sehen sind von dort auch die schlanken, reich verzierten Türmchen des gotischen Rathauses und die Sint Pieterskerk am Grote Markt.

Natürlich gibt es noch viel mehr zu sehen von der KU Leuven, denn die Gebäude der zugehörigen Hochschulen und Universitäten sind über die ganze Stadt verteilt. Luc radelt schon bald mit mir weiter, um mir einen Eindruck davon zu geben. Dabei fahren wir auch in Stadtteile, die herrlich im Grünen liegen. Da stehen wir auf einmal in einer parkähnlichen Anlage und schauen auf Schloss Arenberg, das sich auf einer weiten Rasenfläche präsentiert. Das Gebäude aus dem 16. Jahrhundert ist auch ein Teil der Universität.

Das Schloss Arenberg

Die Domäne Arenberg wurde mitsamt dem Schloss im 17. Jahrhundert Eigentum der Herzöge von Arenberg, einer deutschen Familie, die Kunst und Wissenschaft vielfach förderte. 1916 schenkte sie das Schloss zusammen mit dem 29 ha großen Park der KU Leuven. Das schmucke Gebäude beherbergt heute die Fakultät Ingenieurswissenschaften und ist der Mittelpunkt eines grünen Campus‘ für die Wissenschaft & Technologie-Gruppe. Dazu gehört beispielsweise auch das Imec, das größte europäische Forschungszentrum im Bereich der Nanoelektronik und der Nanotechnologie.

Schloss Arenberg gehört auch zur Universität von Leuven.
© Meike Nordmeyer

Alte Gebäude und moderne Wissenschaft also, eine bewährte Kombi. Und was zu einer Uni-Stadt natürlich auch gehört, sind reichlich Kneipen – auch da erweist sich die Stadt als rekordverdächtig. Leuven gilt als Hauptstadt der Bierregion Flämisch-Brabant. Die größte Brauereigruppe der Welt, Anheuser-Busch InBev, hat dort ihren Hauptsitz. Sie produziert auch das international bekannte, einst in Leuven kreierte Stella-Artois-Bier. Passend dazu gibt es in Leuven eine besonders hohe Anzahl an Kneipen, in denen das süffige Getränk ausgeschenkt wird. Bei schönem Wetter, das zum Draußensitzen einlädt, wirkt der von alten Giebelhäusern gesäumte Oude Markt wie eine einzige riesige Terrasse. Denn er ist von mehr als 40 Kneipen umgeben, deren Gäste sich dort zusammenfinden.

„Die längste Theke Europas“

So kommt es auch, dass dieser Platz als „die längste Theke Europas“ bezeichnet wird. Moment mal, das kommt mir doch als Besucherin aus Nordrhein-Westfalen sehr bekannt vor. Auf meinen Hinweis, dass die Stadt Düsseldorf für sich reklamiere, die längste Theke der Welt zu sein, ist man vorbereitet. Luc nickt und grinst: „Ja, davon haben wir natürlich schon gehört. Da befinden wir uns doch in guter Gesellschaft“, sagt er, während wir zum Ende unserer Runde die Fahrräder abstellen und in einer der Kneipen am Ladeuzeplein auf ein Bier einkehren – das süppeln wir mit Blick auf die Universitätsbibliothek mit ihren tausenden Büchern.

Am Vormittag und bei trübem Wetter ist am Oude Markt noch nicht so viel los. Das kann sich aber schnell ändern.
© Meike Nordmeyer
Brüssel, Flämische Meister, Flandern, Kultur

Zum 450. Todestag von Pieter Bruegel d. Ä.

Wenn Engel fallen und Fische fliegen

von Kirsten Lehnert

Es klingt irgendwie komisch, wenn man sagt, dass man einen Todestag feiert. Sagen wir also lieber: wir begehen ihn. Oder wir würdigen den Mann, der am 9. September 1569 – also vor genau 450 Jahren – in Brüssel gestorben ist: Pieter Bruegel der Ältere, der flämische Meister, der mit seinen Bildern die Kunstwelt nachhaltig geprägt hat. Seit einigen Monaten berichten wir an dieser Stelle schon über die zahlreichen Ausstellungen und Aktionen anlässlich dieses Jubiläums. Aber es gibt immer noch Neues zu erleben und entdecken. Im Frühjahr habe ich Euch schon durch Brüssel geführt, wo der flämische Meister einen Großteil seines Lebens verbracht hat. Nun möchte ich diesen Rundgang fortsetzen und Euch noch ein paar Tipps für den Herbst geben.

Beyond Bruegel
Beyond Breugel, © Plein publiek

Eintauchen in Bruegels Welt

Von seinem großen Vorbild Hieronymus Bosch inspiriert hat Bruegel zeitlebens sehr detailreich gemalt. Um all die kleinen Bilder im Bild zu erkennen, muss man schon ganz genau hinsehen. Die Multimedia-Inszenierung „Beyond Bruegel“ kam mir da sehr entgegen. Hier kann man im wahrsten Sinne des Wortes in Bruegels Welt und seine Wimmelbilder eintauchen. Die Bilder werden in einer 360 Grad-Installation in gigantischer Auflösung großflächig an die Wände projiziert und animiert. So werden auch die kleinsten Details aus Bruegels Werk sichtbar. Da fallen die Engel herab, fliegen Kugelfische durch die Luft und über den Fußboden ergießen sich virtuelle Wellen. Wer immersive art noch nicht erlebt hat, kann sich hier auf ein ganz neues Kunst-Gefühl freuen. „Beyond Bruegel“ ist noch bis Januar 2020 im Dynastiegebäude auf dem Kunstberg zu sehen.

Durch das „Hallepoort“ in ein neues Bruegel Universum

Hallepoort

Ein weiteres virtuelles Tor ins Bruegel Universum öffnet sich am 19. Oktober im „Hallepoort“. Im mythenumwobenen Stadttor, das der berühmte Maler früher sicher häufig durchschritten hat, gibt die Ausstellung „Back to Bruegel“ spannende Einblicke ins 16. Jahrhundert. Dort werden auch Originalschätze aus der Neuen Welt, Musikinstrumente und wissenschaftliche Messgeräte präsentiert, wertvolle Leihgaben aus den Königlichen Museen für Kunst und Geschichte. Von Eurer Zeitreise könnt Ihr Euch in einem der gemütlichen Lokale am Fuße des Stadttores, etwa der Brasserie Bruegel, erholen. Zugegeben, anlässlich des Jubiläumsjahres „bruegelt“ es in Brüssel an fast jeder Ecke – zahlreiche Restaurants bieten „Bruegel-Menüs“ an, das traditionelle Sauerbier Lambic wird nun als „Bruegel-Bier“ angepriesen und in diversen Schaufernstern entdeckt man den großen Meister – aber dieses Lokal hieß  auch vor dem Jubiläumsjahr so.

Brasserie Brueghel

Aber zurück zum Künstler selbst. Dieser war, was Wenige wissen, weit mehr als der „Bauernbruegel“ mit seinen vielfarbigen Gemälden. Im Laufe seines Lebens gestaltete er ungefähr sechzig Drucke (als Grafiker war er also weit produktiver als als Maler): Es waren die Drucke, die seinen Weltruhm begründeten und Bruegel spielte eine Schlüsselrolle in der Entwicklung der  Druckgrafik in Flandern, das sich Mitte des 16. Jahrhunderts zum internationalen Zentrum für die Herstellung von und den Handel mit Drucken entwickelte. Die Königlichen Bibliothek Brüssel ist im Besitz einer einzigartigen Sammlung von Bruegels Arbeiten auf Papier. Die schönsten Stücke werden nun exklusiv für die Sonderausstellung „Bruegels Welt in Schwarz und Weiß“ aus dem Lager geholt. Ihr könnt sie ab dem 15. Oktober in der Königlichen Bibliothek Brüssel sehen.

Die Bruegel Street Art Route

Street Art Bruegel Guitar Rue de la Rasière – Sistervatstraat
© visit.brussels, Jean-Paul Remy, 2019

Zwischen all diesen Museumsbesuchen empfehle ich euch, einfach mal durch die Straßen der Stadt zu schlendern. Wer die Augen offen hält und hochschaut, kann auch entdecken, wie der alte Meister noch heute junge Künstler inspiriert. Mein Tipp: folgt einfach der Bruegel-Street-Art-Route, die 14 ganz unterschiedliche Kunstwerke umfasst.

Ein Abstecher nach Antwerpen

Zum Schluss empfehle ich noch einen kurzen Abstecher nach Antwerpen. Hier lohnt es sich, der Tollen Grete einen Besuch abzustatten. Wer das ist, und was diese einfache Bäuerin mit einer Madonna zu tun hat, das verrate ich demnächst an dieser Stelle.

Flandern, Janett Schindler, Kultur

Tongeren – Auf Zeitreise in der ältesten Stadt Belgiens

von Janett Schindler

Als ich an einem Freitagabend auf einer breiten Landstraße nach Tongeren fahre, bin ich ein klein wenig überrascht. Das soll die älteste Stadt Belgiens sein? Auf den ersten Blick wirkt alles hier wie in jeder beliebigen belgischen Kleinstadt. Ein paar Baustellen, ein kleiner Bahnhof, ein paar nette Einfamilienhäuser mit Vorgärten und recht breite Straßen heißen mich für ein Wochenende willkommen. Doch wo versteckt sich Tongerens Geschichte?

Blick auf die Altstadt vom Moerenpoort, © Janett Schindler

Die Steine verraten die Geschichte.

Auf “Zeitreise” gehen wir im Stadtzentrum. Auf den ersten Blick ist Tongeren sein Alter jedoch nicht anzusehen. Dafür ist der Weg in die „Unterwelt“ unabdingbar. Mein erster Weg führt mich deshalb ins Teseum.

Das Teseum befindet sich etwas versteckt hinter der Liebfrauenbasilika. Eine Archäologische Fundstätte bildet gemeinsam mit der Schatzkammer sowie dem Kreuzgang und dem Klostergarten das Museumsprojekt Teseum.

© Janett Schindler

Wir starten mit unserem Rundgang im Keller. Über eine schmale Treppe gelange ich in die drei Meter tiefer liegenden Fundstätte. Kirchen und Stadtmauern – Kulturgeschichte und Leben aus Verschiedene Epochen finde ich hier. Nun ja – nicht wirklich – denn eigentlich sehe ich nur eine Ansammlung von 1000 Steinen. Schnell wird mir die Bedeutung der zahlreichen Steine klar. Spannend ist vor allem die Entwicklung der darüber liegenden Basilika und des Marktplatzes. Die verschiedenen Zeitepochen werden im Teseum auch sehr anschaulich virtuell dargestellt. So wird auch mir schnell bewusst was sich wo befindet und in welcher Epoche sich was wie verändert hat.

© Janett Schindler

Wir erleben die Veränderung der Stadt aus der römischen Zeit, bekommen veranschaulicht, wie die Kirche und das Kloster in der Zeit der Gotik das Stadtbild prägte und die Renaissance die Kirchenform verändert hat. Ich empfehle dieses Museum unbedingt mit einem Guide zu besuchen – denn hier gibt es vieles, was ihr nur zwischen den Steinen “entdecken” könnt.

Der Schatz von Tongeren

Die Kirche spielte in der ältesten Stadt Belgiens schon immer eine große Rolle. Schon als das Christentums in Mitteleuropa Einzug hielt, war Tongeren eine recht große Stadt. Welche Rolle die Kirche in Tongeren spielt und wie reich der Ort eigentlich war, wird mir klar, als ich in die Schatzkammer komme.

Eingang zur Schatzkammer im Teseum, © Janett Schindler

Zahlreiche Reliquien und Priestergewänder – eines prunkvoller als der andere – sind hier zu finden.

© Janett Schindler

Tongeren und die Römer

Die archäologische Ausgrabungsstätte hat mir jedoch viel mehr offenbart. Tongerens Stadtgrenzen führten schon 14 vor Christus um den Marktplatz herum. Hier hat alles mit den Römern angefangen. Hier wurde Aduatuca Tungrorum gegründet. Das will ich genauer wissen und begebe mich ins Gallo-Römisches Museum.

© Janett Schindler

Dafür muss ich nicht allzu weit laufen – es befindet sich gleich neben dem Teseum. Das Museum ist riesig – gut und gerne 3 Stunden habe ich hier verbracht. Wir starten nicht erst mit der Entstehung von Tongeren sondern viel viel früher. Eiszeit, Steinzeit, Neandertaler – es geht weit zurück in der Geschichte. Spannend die anschaulichen Filme zur Völkerwanderung von Afrika nach Europa.

© Janett Schindler

Und ebenso spannend etwas über Flora und Fauna und die starke Bewaldung Europas aus dieser Zeit zu erfahren. Erst in der zweiten und dritten Etage geht das Museum dann auch auf die Römer ein. Ein wenig schmunzeln muss ich bei einem Film – in dem niederländisch gesprochen wurde. Ich glaube – dass dies um 15 vor Christus noch keine gängige Weltsprache war. Es wird Zeit für einen kleinen Snack. Auf dem Marktplatz befinden sich zahlreiche Restaurants – perfekt für eine kleine Stärkung.

Die Liebfrauenbasilika

Nun bin ich natürlich neugierig und will auch die Basilika von Innen sehen. Wie in zahlreichen belgischen Kirchen gibt es auch hier eine Vielzahl von Kunstwerken zu bestaunen.

© Janett Schindler

In den nächsten Jahren ist sogar angedacht den Turm für die Öffentlichkeit begehbar zu machen – aber auch der erste Eindruck der Basilika zeigt die Macht und die Wandelbarkeit der Stadt

© Janett Schindler

Ein kleiner Tipp noch für alle “Nachtwandler” – die Fensterbilder der Basilika sind im Dunkeln beleuchtet und wirklich sehenswert!

© Janett Schindler

Aufs ins Mittelalter

Spuren aus dem Mittelalter lassen sich in Tongeren leider nur recht wenige finden. Schuld daran ist ein schweres Feuer, welches 1677 von französischen Gruppen gelegt wurde und bis auf den Beginenhof die ganze Stadt niederbrannte.

© Janett Schindler

Der Begijnhof kaufte sich damals für viel Geld “frei” – und rettete damit ein Stück Geschichte. In den Abendstunden ist ein Spaziergang vorbei an den alten Häusern mit den zahlreichen Rosenstöcken und Katzen nicht nur ein Blick in die Vergangenheit, sondern auch ein entspannter Ausklang des Tages.

© Janett Schindler

Einziger Nachteil? Das Begijnhof-Museum hat dann leider schon zu. Ich beschließe den Tag mit einem leckeren belgischen Bier – und freue mich auf die wohl bekannteste Attraktion, welche mich am Sonntagmorgen erwartet.

Tongeren ist bekannt für seinen Antikmarkt.

Seit Mitte der siebziger Jahre findet der Trödelmarkt jeden Sonntag bei Wind und Wetter statt. Alles „alte“ darf verkauft werden – und so finden sich hier Figuren aus dem 17ten Jahrhundert genauso wie Stühle aus den 90ern.

Antiktrödel Tongeren, © Janett Schindler

Bei knapp 140 Händlern hat man die Qual der Wahl und kann gut und gerne Stunden hier verbringen. Auch wenn ich diesmal nicht fündig wurde, die Auswahl beeindruckt mich.

1677 – Das Jahr des großen Stadtbrands

Das große Feuer von 1677 ist natürlich auch Thema einer spannenden Dauerausstellung. Die befindet sich im Moerenpoort – dem einzigen Stadttor, welches von der Stadtmauer des 13ten Jahrhunderts noch übrig ist.

© Janett Schindler

Die Ausstellung kann kostenlos täglich von 10 – 14 Uhr besucht werden. Im Anschluss lohnt sich übrigens ein Besuch auf dem Dach des Gebäudes. Von hier aus habt ihr einen tollen Blick auf die Altstadt von Tongeren und auf den Trödelmarkt!

© Janett Schindler

Mehr Informationen zu Tongeren: https://www.toerismetongeren.be/